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Was bedeutet eigentlich Achtsamkeit?

Am Wochenende war ich spazieren, ganz alleine auf einem Feld- und Waldweg, und dachte, ich bin aufmerksam. Doch wie oft wurde ich abgelenkt, durch das Handy, das bei jeder Nachricht klingelte oder die Gedanken über dieses und jenes, die sich immer wieder breitmachten. Bis ich das Handy auf lautlos gestellt habe und mich ganz bewusst entschieden habe, auf meine Umgebung zu achten. Was einem da so alles auffällt. Wunderschöne Schmetterlinge, der Wind, der durch die Bäume rauscht, das Zwitschern der Vögel, die bunten Blumen mitten im Gerstenfeld,  seltsame Wolkenformationen… Was haben wir schon alles verpasst, wenn wir unentwegt ins Handy schauen, mit anderen Dingen beschäftigt oder in unseren vielen Gedanken vertieft sind. Aufmerksam und bewusst im Hier und Jetzt zu sein, lohnt sich. Erleben, wie sich die eigene Stimmung ändert, wahrnehmen, achtsam sein. Aber was genau bedeutet Achtsamkeit eigentlich und was bewirkt sie? 

 

Früher war Achtsamkeit oft als Esoterik verschrien. Heute ist es fast schon zu einem Modewort geworden. Ganz oft stoßen wir auf dieses Thema. Manchmal scheint es vielleicht sogar schon abgedroschen. Und trotzdem liegt es mir am Herzen, darüber zu schreiben, denn Achtsamkeit ist wichtig und kann unsere Lebensqualität entscheidend beeinflussen. Achtsamkeit ist eine Form der Aufmerksamkeit, die auf den gegenwärtigen Moment, auf das Hier und Jetzt, gerichtet ist. Sie ist ein Bewusstseinszustand und bedeutet offen für die Erfahrung zu sein, wie sie sich uns genau jetzt, von Augenblick zu Augenblick präsentiert. Sie bewertet nicht. Sie greift nicht ein. Sie muss nichts erreichen. Sie nimmt nur wahr.

 

Achtsamkeit heißt, das Leben mit all seinen Facetten anzunehmen, indem wir Raum dafür schaffen, um an Kraft und auch an Weisheit wachsen zu können. Egal, ob wir verärgert, traurig, deprimiert, fröhlich oder glücklich sind. Achtsamkeit bedeutet, dass was jetzt ist wahrzunehmen und zu betrachten. Ohne einzugreifen. Schau genau hin.

 

Allerdings haben wir durch unsere Erziehung, unsere antrainierten Verhaltensweisen und automatisch ablaufenden Muster verlernt im Hier und Jetzt bewusst zu sein. Das ist ja auch kein Wunder, bei all den Möglichkeiten und Ablenkungen, die sich uns in jeder Sekunde bieten. Außerdem spielt unser Gehirn hierbei eine gewaltige Rolle. Es ist eine mächtige Denkmaschine, die uns oft unbewusst mitreist, hin zu der Vergangenheit oder in die Zukunft und damit weg von dem, was gerade ist - so wie es bei mir bei meinem Spaziergang auf dem Feld- und Waldweg war.  

 

Achtsamkeit bietet uns die Möglichkeit uns Schritt für Schritt mit der Aufmerksamkeit vertraut zu machen und uns wieder mit unseren Sinnen zu verbinden.

 

Der erste Schritt besteht darin, dass wir lernen, innezuhalten. Das sind wir – ständig mit Aktivitäten beschäftigt und von Gedanken überflutet – allerdings kaum gewöhnt. Deshalb bedarf es einiger Übung. Ein bisschen achtsam sein, kann sicherlich jeder. Aber ohne Übung ist sie schwach und löchrig. Du würdest ja wahrscheinlich auch nicht auf die Idee kommen, vor Publikum ein Instrument zu spielen, ohne dieses vorher gründlich geübt zu haben. Wenn du ein Instrument einübst, siehst du direkt deine Erfolge. Doch lohnt es sich auch, Achtsamkeit zu üben? Ich finde - JA! Denn es gibt immer mehr wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Achtsamkeit positive Effekte auf den Körper und die Psyche hat. Bei regelmäßigen Achtsamkeitsübungen oder Achtsamkeitsmeditationen verändern sich lt. einer Studie die Verknüpfungen im Gehirn, der orbitofrontale Cortex wird angeregt (dieser ist wichtig für den Umgang mit Emotionen), das Belohnungszentrum wird aktiver, das Gedächtnis verbessert sich (erhöhte Dichte im Hippocampus). Außerdem erhöht sich das Körperbewusstsein, das Gedankenwandern verringert sich, das Wohlbefinden erhöht sich und die Gesundheit kann sich verbessern. Viele Mediziner und Psychotherapeuten nutzen mittlerweile Achtsamkeitstherapien.  

 

Doch das Entscheidende ist, unabhängig davon, was andere (mich eingeschlossen) sagen oder schreiben:

Probiere es am besten selbst immer wieder aus. Mache deine eigenen Erfahrungen.   

 

Ein gutes Hilfsmittel, wenn du Achtsamkeit trainieren möchtest, ist dein Atem. Er kann tief oder flach sein, langsam oder schnell. Unser Atem variiert je nach unserer Stimmungslage, je nachdem ob wir z. B. entspannt oder gestresst sind. Wenn wir uns auf unseren Atem konzentrieren, können wir ins Hier und Jetzt eintauchen.

 

Dazu gleich eine kleine Übung* für dich:

 

Wo auch immer du gerade bist - atme bewusst.

 

Spüre, wie die Luft durch deine Nase nach außen strömt und wie sie wieder in die Nasenlöcher einströmt. Spürst du den Lufthauch am Eingang deiner Nase?

 

Beschreibe deinen Atem. Ist er tief? Ist er ehr flach? Atmest du schnell oder langsam?

 

Nimm auch deine Empfindungen beim Atmen im Bauch wahr, das Ein- und Ausströmen der Luft in deinen Lungen. Lege eine Hand auf deinen Bauch und spüre deinen Atem.

 

Beginnen andere Gedanken durch deinen Kopf zu schwirren? Sobald du das spürst, lenke deine Aufmerksamkeit wieder sanft zu deinem Atem zurück.

 

Mit dieser Übung sollst du weder lernen, deinen Atem, noch deine Gedanken zu kontrollieren, sondern dich einfach mit der Erfahrung des gegenwärtigen Moments zu verbinden. Am Anfang fällt es dir vielleicht noch schwer, dich darauf zu konzentrieren, aber je öfter du übst, umso mehr wirst du im Augenblick ankommen und diesen bewusst wahrnehmen...

 

Ich freue mich darüber, wenn du mir deine Meinung, deine Erfahrungen dazu mitteilst.

 

 

„Der beste Moment zu üben ist immer …. jetzt!“ Thich Nhat Han

 

*Quelle: Das kleine Übungsheft Achtsamkeit (Ilios Kotsov, Trinity-Verlag)

 

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